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Letztes Mal haben wir erklärt, was ein Selektivvertrag ist und was der Unterschied zum Kollektivvertrag ist. Selektivverträge kommen vor allem dann zum Einsatz, wenn eine Leistung geprobt wird oder wenn eine besondere Behandlung abseits des Standards notwendig ist. Es gibt aber einige Varianten an Selektivverträgen. Das fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V) gibt vor, für welche Fälle ein Selektivvertrag notwendig ist. Wir stellen Dir die verschiedenen Formen vor.
Integrierte Versorgung nach § 140a SGB V
Die Integrierte Versorgung wird in § 140a SGB V als Besondere Versorgung bezeichnet. Dort heißt es:
„Die Verträge ermöglichen eine verschiedene Leistungssektoren übergreifende oder eine interdisziplinär fachübergreifende Versorgung (integrierte Versorgung) sowie besondere Versorgungsaufträge unter Beteiligung der Leistungserbringer oder deren Gemeinschaften.“
Die Integrierte / Besondere Versorgung ist also eine Behandlung, an der sich viele Berufsgruppen und Bereiche beteiligen. Die klassische Struktur, dass der:die Ärzt:in Leistungen verschreibt bzw. überweist und für alles verantwortlich ist, fällt hier weg. Ärzt:innen, Therapeut:innen, Pflegekräfte und andere arbeiten bei der Integrierten Versorgung weitestgehend auf Augenhöhe. Ziel ist es, die Qualität, die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung zu verbessern. Das ist gerade bei komplexeren Behandlungsprozessen praktisch.
Wichtig ist, dass die Integrierte Versorgung für die Patient:innen immer freiwillig ist. Die Teilnehmenden müssen schriftlich bestätigen, dass sie dieser speziellen Versorgung zustimmen. Dies schreibt § 140a Abs. 4 SGB V vor.
Übrigens: In den § 140a aufgegangen ist bereits 2015 die „Besondere ambulante ärztliche Versorgung“ nach dem damaligen § 73c SGB V. Diese Regelung bot eine besondere Versorgung für spezielle Fälle (z. B. gesundheitliche Präventionen bei pflegenden Angehörigen). Verträge, die damals geschlossen wurden, blieben und bleiben aber nach wie vor gültig. Heute werden solche Maßnahmen vermehrt als Integrierte Versorgung geregelt.
Schutzimpfungen nach § 132e SGB V
Selektivverträge kommen auch bei Betriebsimpfungen zum Einsatz: Verbände, Unternehmen und Betriebsärzt:innen können mit den Kassen Selektivverträge für Schutzimpfungen nach § 132e SGB V abschließen. Während Ärzt:innen, die einer Kassenärztlichen Vereinigung angehören, die Impfungen wie üblich per Kollektivvertrag vergütet bekommen, erhalten alle anderen halt die Möglichkeit der Abrechnung per Selektivvertrag. In § 132e Abs. 1 SGB V wird bewusst betont:
„In Verträgen mit den Fachärzten für Arbeitsmedizin, Ärzten mit der Zusatzbezeichnung ‚Betriebsmedizin‘ und sonstigen Ärzten, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder deren Gemeinschaften sind insbesondere Regelungen zur vereinfachten Umsetzung der Durchführung von Schutzimpfungen, insbesondere durch die pauschale Bereitstellung von Impfstoffen, sowie Regelungen zur vereinfachten Abrechnung, insbesondere durch die Erstattung von Pauschalbeträgen oder anteilig nach den Versichertenzahlen (Umlageverfahren) vorzusehen.“
Schutzimpfungen nach § 132e SGB V beinhalten auch Auffrischimpfungen. Möglich sind Impfungen gegen Corona, Grippe, Diphtherie, Meningokokken, Pneumokokken oder weitere Infektionskrankheiten. Zum Beispiel kooperiert das Deutsche Medizinrechenzentrum (DMRZ.de) mit dem Verband der Betriebs- und Werksärzte (VDBW), der mit verschiedenen Kassen einen solchen Vertrag vereinbart hat.
Innovationsfonds nach § 92a SGB V
Seit 2016 gibt es den sogenannten Innovationsfonds, der vom Gemeinsamen Bundesausschuss ermöglicht wurde. „Der Gemeinsame Bundesausschuss fördert neue Versorgungsformen, die über die bisherige Regelversorgung hinausgehen“, heißt es im 1. Absatz von § 92a SGB V. Die Förderkriterien sind:
Verbesserung der Versorgungsqualität und Versorgungseffizienz
Behebung von Versorgungsdefiziten
Optimierung der Zusammenarbeit innerhalb und zwischen verschiedenen Versorgungsbereichen, Versorgungseinrichtungen und Berufsgruppen
Interdisziplinäre und fachübergreifende Versorgungsmodelle
Übertragbarkeit der Erkenntnisse, insbesondere auf andere Regionen oder Indikationen
Verhältnismäßigkeit von Implementierungskosten und Nutzen
Evaluierbarkeit
Weiter heißt es im Gesetz: „Gefördert werden insbesondere Vorhaben, die eine Verbesserung der sektorenübergreifenden Versorgung zum Ziel haben und hinreichendes Potential aufweisen, dauerhaft in die Versorgung aufgenommen zu werden.“ Der Innovationsfonds wurde immer wieder verlängert; aktuell sind Förderungen bis Ende 2024 möglich.
Abrechnet werden die Kosten für die Vorgaben per Selektivvertrag. Förderfähig sind aber nur die Kosten, die über die Kosten für die Regelversorgung hinausgehen.
Modellvorhaben zur Übertragung ärztlicher Tätigkeiten nach § 64d SGB V
2021 wurde durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (auch Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz, kurz GVWG genannt) festgelegt, dass die Übertragung von ärztlichen Tätigkeiten auf Pflegefachkräfte stärker getestet werden soll. Hintergrund ist der Abbau von vermeidbarer Bürokratie sowie die Entlastung von Ärzt:innen. Konkret sollen bei den Modellvorhaben die Tätigkeiten übertragen werden, bei denen es sich um eine selbstständige Ausübung von Heilkunde handelt. Darüber hinaus sind in den Modellvorhaben „auch Standards für die interprofessionelle Zusammenarbeit zu entwickeln“ (§ 64d Abs. 1 SGB V).
Die Modellvorhaben sind verpflichtend: In jedem Bundesland muss es mindestens ein Modellvorhaben geben. Spätestens zum Jahresbeginn 2023 mussten die Modellvorhaben an den Start gehen. Laufen können sie bis zu vier Jahre. Abschließende Evaluationsberichte sollen dann auf Bundesebene dabei helfen, zu entscheiden, welche übertragbaren Tätigkeiten in die Regelversorgung kommen sollen. Falls dem so ist, können bestehende Verträge auch nach Ablauf der Frist weiterlaufen, und zwar in Form einer Integrierten Versorgung nach § 140a SGB V (siehe oben).
Hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b SGB
Selektivverträge kommen auch bei der sogenannten Hausarztzentrierten Versorgung (auch Hausarztsystem genannt) zum Einsatz. Hierbei handelt es sich um eine für Patient:innen freiwillige Teilnahme: Man verpflichtet sich, ausschließlich de Leistungen des:der Hausärzt:in in Anspruch zu nehmen bzw. nur über diese:n an andere Fachärzt:innen und Leistungserbringer:innen überwiesen zu werden. Ausnahme sind die Gynäkologie, die Augenheilkunde und selbstverständlich Notarzteinsätze.
Die Krankenkassen erhoffen sich durch dieses Angebot, dass die Versorgung besser, effektiver und kostengünstiger erfolgt. Beispielsweise Kosten durch mehrfache Facharztbesuche (beispielsweise um Zweitmeinungen einzuholen) sollen so eingedämmt werden. Und es ist sichergestellt, dass ein:e Ärzt:in die Gesundheit der Patient:innen besser überblickt. Diese können im Gegenzug bevorzugt behandelt werden oder sich über kostengünstigere Zuzahlungen freuen (Details unterscheiden sich je nach Krankenkasse und Selektivvertrag).
Um als Hausärzt:in die hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b SGB V anbieten zu können, gelten jedoch bestimmte Voraussetzungen. Beispielsweise müssen die Ärzt:innen an strukturierten Qualitätszirkeln zur Arzneimitteltherapie oder an Fortbildungen teilnehmen. Auch müssen bestimmte evidenzbasierte, praxiserprobte Leitlinien, die die Kassen vorgeben, zum Einsatz kommen. Die genauen Vorgaben sind unter § 73b SGB V zu finden sowie bei den jeweiligen Krankenkassen zu erfragen.
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Managementgesellschaften, die für ihre Ärzt:innen Selektivverträge abrechnen, können DMRZ.de für die Abrechnung und Verteilung nutzen. Möglich macht dies unsere Unternehmer-Mandant-Lösung. Diese stellen wir demnächst im Blog einmal genauer vor.