Pflegekosten absetzen – Außergewöhnliche Belastung
Pflege

Pflegekosten absetzen (2) Außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG

Erfahre hier, was es mit den außergewöhnlichen Belastungen und mit der zumutbaren Belastung auf sich hat.

In unserem letzten Artikel über Pflegekosten haben wir alle möglichen Formen des steuerlichen Absetzens genannt. In unserer Artikelserie wollen wir nun die einzelnen Optionen einmal genauer vorstellen. Heute erklären wir Dir, was die „außergewöhnlichen Belastungen“ nach § 33 EStG (Einkommensteuergesetz) sind. Und worauf Du achten musst, wenn Du außergewöhnlichen Belastungen absetzen möchtest.

Was sind außergewöhnliche Belastungen?

§ 33 Abs. 1 EStG erklärt:

Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (...) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.“

Konkret bedeutet das, dass sich die Höhe der Steuern senken lassen, wenn man jene Kosten abzieht, die „der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen“ nicht haben, aber die trotzdem notwendig sind. Absatz 2 desselben Paragrafen beschreibt, dass das zum Beispiel Aufwendungen sind, denen man sich „aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann“.

Was können das für Aufwendungen sein? Das können z. B. Unterhaltskosten, Beerdigungskosten oder Wiederbeschaffungskosten (nach einer Flut oder einem Wohnungsbrand) sein. Aber eben auch Kosten, die man wegen einer Krankheit, Behinderung, Kur oder durch die Pflege anderer hat. Sprich: Sowohl die Pflegebedürftigen selber als auch die Pflegenden können in der Steuererklärung außergewöhnliche Belastungen absetzen.

Ein Teil der Pflegekosten ist „zumutbar“

Das oben genannte Zitat aus dem Gesetzestext nennt aber auch eine „zumutbare Belastung“. Es gibt einen Schwellenwert, erst wenn dieser überschritten ist, darfst du Pflegekosten und andere außergewöhnliche Belastung absetzen. Alles unterhalb dieses Grenzwerts muss jeder selber tragen können.

Die Höhe der zumutbaren Belastung hängt davon ab, wie viel man im Jahr verdient und ob man kinderlos ist. § 33 Abs. 3 EStG gibt genau vor, wie hoch die zumutbare Belastung ist:

bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte bis 15.340 Euro über 15.340 Euro bis 51.130 Euro über 51.130 Euro
1. bei kinderlosen Steuerpflichtigen, bei denen die Einkommensteuer      
a) nach § 32a Absatz 1 zu berechnen ist 5 % 6 % 7 %
b) nach § 32a Absatz 5 oder 6 (Splitting-Verfahren) zu berechnen ist 4 % 5 % 6 %
2. bei Steuerpflichtigen mit      
a) 1-2 Kindern 2 % 3 % 4 %
b) 3+ Kindern 1 % 1 % 2 %

Beachte, dass sich die Tabelle stufenweise lesen lässt. Ein Beispiel: Anne pflegt einen nahen Angehörigen und überlegt, die Pflegekosten als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend zu machen. Anne ist ledig, hat keine Kinder und verdient im Jahr 35.000 Euro brutto. Damit fällt sie nicht in die 2. Stufe und erhält nicht 6 Prozent der vollen Einkünfte. Denn Annes zumutbare Belastung berechnet sich wie folgt:

    5 % von 15.340 Euro = 767 Euro (1. Stufe)

+ 6 % von 19.600 Euro (dem restlichen Teil von Annes Einkünften) = 1.179,60 Euro (2. Stufe)

= 1.946,60 Euro (Summe beider Stufen)

Annes zumutbare Belastung liegt also bei 1.946,60 Euro im Jahr. Heißt: Außergewöhnliche Belastungen bis zu dieser Höhe muss Anne komplett selber tragen. Erst wenn die Ausgaben höher ausfallen, kann sie außergewöhnliche Belastungen von der Steuer absetzen. Aber: Nicht den gesamten Betrag, sondern nur den Teil, der über der zumutbaren Belastung liegt (in diesem Fall 1.946,60 Euro).

Pflegekosten als außergewöhnliche Belastung: Darauf musst du bei der Berechnung achten

Jetzt kannst Du bereits ausrechnen, wie hoch bei Dir die zumutbare Belastung ist. Aber sind deine außergewöhnlichen Belastungen höher als dieser Schwellenwert? Beachte bei der Berechnung, dass nicht nur die Pflegekosten, sondern auch weitere Kosten abseits der Pflege – wie beispielsweise für Unterhaltszahlungen oder für Beerdigungen – berücksichtigt werden können.

Aber auch hier gibt es Ausnahmen. Manches, was die Pflege betrifft, muss von der Summe abgezogen werden, um den tatsächlichen Wert der außergewöhnlichen Belastung erhalten:

  • Das (steuerfreie) Pflegegeld der gesetzlichen oder privaten Pflegepflichtversicherung

  • Weitere Erstattungen von Pflegezusatzversicherungen

  • Beihilfe (z. B. für Beamte oder Soldaten)

  • Kosten für Haushaltshilfen (Z. B. fürs Kochen, Putzen oder Waschen – diese Kosten lassen sich stattdessen als „haushaltsnahe Dienstleistungen“ absetzen)

  • Haushaltsersparnis (für den Fall, dass man den privaten Haushalt auflöst und in ein Pflegeheim untergebracht wird. Die Haushaltsersparnis beträgt z. B. für 2022 aufs Jahr gerechnet 9.984 Euro (bzw. 9.744 Euro für 2021) und wird von den Heimkosten abgezogen. Diese Ersparnis muss dann selbstverständlich von den außergewöhnlichen Belastungen abgezogen werden.)

  • Fahrten (werden ab der Steuererklärung 2021 über eine separate Fahrtkostenpauschale abgegolten. Mehr dazu demnächst im DMRZ.de-Blog.)

Beachte außerdem, dass die außergewöhnlichen Belastungen bei jenen Pflegebedürftigen eingeschränkt ist, die keinen Pflegegrad haben. Wer keinen Pflegegrad hat und deswegen rein altersbedingt gepflegt wird, kann Pflegekosten nur dann als außergewöhnliche Belastung anrechnen, wenn die Pflege von einem anerkannten Pflegedienst erbracht wurde (Quelle).

Der Pflegepauschbetrag als Alternative

Problematisch bei den außergewöhnlichen Belastungen ist halt, dass ein Großteil dieser Kosten steuerlich irrelevant sind – nämlich jene, die unterhalb der zumutbaren Belastungen liegen. Es muss ausgerechnet werden, wie sehr es sich lohnt, Pflegekosten als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend zu machen. Eine attraktive Alternative hierzu: der Pflegepauschbetrag.
 

In unserem nächsten Artikel zum Thema stellen wir den Pflegepauschbetrag vor. Wie hoch fällt dieser aus? Und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein? Alles dazu demnächst auf DMRZ.de.

 

Allgemeiner Hinweis: Unsere Ratgebertexte zu den Pflegekosten und zu den Steuern bieten lediglich einen Überblick über das Thema. Für konkrete Hilfestellung – angepasst an Deine Lebenslage – wendest Du Dich bitte an eine:n Steuerberater:in oder an einen Steuerhilfeverein.

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