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Die Blankoverordnung, eine der großen Neuerungen im Bereich der Heilmittel in Deutschland, ist ein Armutszeugnis. Warum? Sie verzögert sich über Jahre – und Gesetzgeber, Krankenkassen und Berufsverbände brauchen zu lange, um etwas auf die Beine zu stellen, was alle zufrieden stellt. Nun ist es aber soweit: Die Blankoverordnung kommt im April. Zumindest für die Leistungserbringer:innen der Ergotherapie. Die anderen von den gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) anerkannten Heilmittelbereiche Physiotherapie, Podologie, Ernährungstherapie und Logopädie (Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie) müssen noch warten. Dennoch: Die Einführung der Blankoverordnung in der Ergotherapie ist ein Wegbereiter für die gesamte Heilmittelbranche! Wir geben Dir hier schon einmal einen Überblick.
Was ist eine Blankoverordnung?
Geplant ist, dass die Heilmittelerbringer:innen zukünftig mehr Gestaltungsfreiheit bei der Planung und Umsetzung von Therapien haben sollen. Aktuell ist es noch so, dass immer der:die verordnende Ärzt:in den Ton angibt – und auf der Heilmittelverordnung genau angibt, was diese Person erhalten soll und in welchem Umfang die Behandlungen ablaufen. Dank § 125a SGB V (fünftes Sozialgesetzbuch) wird aber den Heilmittelerbringer:innen eine „erweiterte Versorgungsverantwortung“ eingeräumt: Die Ärzt:innen überweisen ihre Patient:innen, aber lassen viele Faktoren offen. Die Heilmittelerbringer:innen als Genies auf ihrem jeweiligen Gebiet analysieren dann eigenhändig, wie eine Therapie aussehen soll. Das ist die Blankoverordnung.
Ein steiniger Weg – von der Idee zur Umsetzung der Blankoverordnung
2011–2017: Modellversuche einer Blankoverordnung für Heilmittel in Berlin, Westfalen-Lippe und Brandenburg.
2019: Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) gab vor, dass eine Blankoverordnung zur Regelversorgung werden soll. Entsprechung wurde das SGB V mit einem Passus zur „erweiterten Versorgungsverantwortung“ ergänzt.
2021: Eine überarbeitete Heilmittel-Richtlinie (HM-R) trat in Kraft. Hier ist die Blankoverordnung bereits entsprechend verankert. Übrigens: Den Heilmittelerbringer:innen wurde nun gestattet, Verordnungen eigenständig zu ändern. Das durfte zuvor immer nur von der:dem verordneten Ärzt:in gemacht werden. Die neue HM-R gibt in Anlage 3 vor, was wie abgeändert werden darf und wobei es nach wie vor einer Unterschrift des:der Ärzt:in bedarf. Dieser Weg, um Bürokratie abzubauen, erleichtert die Arbeit aller – ist aber nicht mit der Blankoverordnung vergleichbar.
2022: Eigentlich sollten die Verbände der der jeweiligen Heilmittelbranchen sowie der Krankenkassen bis spätestens 30.09.2021 die Blankoverordnung eingeführt haben. Doch der Termin verstrich. Im Sommer 2022 wurde dann das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKVFinStG) erlassen, das eine Frist für die Einführung der Blankoverordnung komplett strich. Grund waren unter anderem die vielen Verzögerungen aufgrund der Corona-Pandemie, der neuen Heilmittel-Richtlinie und den Verhandlungen zu neuen Rahmenverträgen. Zudem finden alle Einigungen nie für alle Heilmittel gemeinsam statt, sondern immer mit jedem der fünf Heilmittelbereiche einzeln. Kommen keine Einigungen zustande, wird eine Schiedsstelle eingeschaltet. All das verzögert die Einführung der Blankoverordnung. Da nun der Gesetzgeber aber keinen zeitlichen Druck mehr ausübt, wird befürchtet, dass die Regelversorgung per Blankoverordnung noch ewig dauern wird.
2023: Im Bereich Ergotherapie gehen die Verhandlungen am schnellsten voran. Aber auch hier gab es oft ein Hin und Her: „Bereits während der Verhandlungen hatte es mehrfach seitens des GKV-Spitzenverbandes Versuche gegeben, Dinge, die auf dem Verhandlungswege nicht erreichbar waren, über Gesetzesänderungen zum Nachteil der Leistungserbringenden zu erzwingen und damit die gesetzlichen Grundlagen für die Blanko-VO in seinem Sinne einseitig anzupassen“, erklärte der Ergonomie-Verband BED im August 2023. „Letztendlich braucht es neben Einigungswillen und Kompromissfähigkeit aber auch ein gewisses Maß an Vertrauen und Glaubwürdigkeit.“ Mitte Dezember 2023 dann kam es – mithilfe der Schiedsstelle – zu einem Ergebnis.
2024: Aktuell wird darauf gewartet, dass die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) eine finale Stellungsnahme abgibt. Sobald das geschehen ist, werden die Details zur der neuen Blankoverordnung für Ergotherapie veröffentlicht werden. Ab 1.4.2024 soll sie dann an den Start gehen.
Was die Debatte vor allem erschwert, ist die Komplexität der Blankoverordnung. Für die Krankenkassen ist es aus Kostengründen wichtig, dass in Zukunft nicht übermäßig viele Therapien durchgeführt und abgerechnet werden. Und die Leistungserbringer:innen selber wollen wiederum, dass der Mehraufwand, den sie durch die Verwaltung und Patient:innendiagnose haben werden, auch entsprechend honoriert werden. (Mehr zur Kritik an der Blankoverordnung demnächst im DMRZ.de-Blog.)
Das könnte die Blankoverordnung für Ergotherapie beinhalten
Solange die Ergebnisse nicht online gegangen sind, kann nur gemutmaßt werden, wie die Blankoverordnung nun ablaufen wird. Doch die Zwischenergebnisse lassen immerhin erahnen, wohin die Reise gehen könnte. Vor allem dürften die Ergebnisse für alle im Gesundheitswesen interessant sein – immerhin gilt die Ergo-Blankoverordnung als möglicher Wegbereiter für den gesamten Heilmittelbereich.
Im Folgenden stellen wir drei wesentliche Erkenntnisse zu der Ergotherapie-Blankoverordnung vor:
Erst einmal nur drei Diagnosegruppen: Zum Start wird die Blankoverordnung vermutlich nicht für alle ergotherapeutischen Maßnahmen zum Einsatz kommen. Dies soll erst in Zukunft geklärt werden. Ab April kann die Blankoverordnung laut BED erst nur für folgende drei Diagnosegruppen, die in der Summe etwa 20 Prozent der ergotherapeutischen Leistungen ausmachen, ausgestellt werden:
SB1 Erkrankungen der Wirbelsäule, Gelenke und Extremitäten (mit motorisch-funktionellen Schädigungen)
PS3 Wahnhafte und affektive Störungen/ Abhängigkeitserkrankungen
PS4 Dementielle Syndrome
Einführung eines Ampelsystems: Damit nicht die Gefahr besteht, dass Heilmittel maßlos zum Einsatz kommen, wird es für die ergotherapeutische Blankoverordnung womöglich ein Ampelsystem geben. Wird für eine:n Patient:in eine bestimmte Menge an Therapieeinheiten überschritten, dann gilt die rote Ampelphase. Nach dem Stand der Verhandlungen im letzten Sommer würde dann eine Kürzung in Höhe von 9 Prozent erfolgen. Genaueres erfahren wir in den kommenden Monaten. „So kann ein eventueller weiterer Therapiebedarf eines Versicherten dennoch abgebildet und einkalkuliert werden“, erklärte der BED im Juni 2023. „Durch diese Ampellösung kommt es bei den Ergotherapeut:innen NICHT zu einem allgemeinem Budget- oder Regressdruck, wie Ärzte und Ärztinnen es nur zu gut kennen. Auch sind budgetbezogene nachträgliche Kürzungen auf diese Weise ausgeschlossen.“ Hervorhebung durch den BED).
Doch nicht mehr Zeit für Korrekturen: Zur Diskussion stand auch, Abrechnungen bis zu zwei Jahre später noch zu korrigieren. Mit Blick auf den neuen Verwaltungsaufwand durch die Blankoverordnung und die Angst davor, dass sich Fehler mehren, die zu Absetzungen führen, wäre dies für die Leistungserbringer:innen sehr praktisch. Laut des BED im Dezember 2023 wird es diese Form der nachträglichen Korrekturen wohl doch nicht geben.
Wie die Blankoverordnung final funktioniert, wird in den kommenden Wochen bekanntgegeben.
Allgemeiner Hinweis: Unsere Blogartikel dienen lediglich zur Information und bieten einen Überblick über das Thema. Trotz sorgfältiger Recherche und Prüfung können wir keine Garantie auf Richtigkeit oder Vollständigkeit der Informationen und Daten übernehmen. Konkrete Informationen findest Du bei den genannten Verbänden.