Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesen anzukurbeln
Telematikinfrastruktur

Wie das Digital-Gesetz (DigiG) die ePA und die Telemedizin verändern will

Letzte Woche wurde das Digital-Gesetz (DigiG) verabschiedet. Neu ist unter anderem die automatische Erstellung der elektronischen Patientenakte (ePA).

Mit dem Ziel, die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesen anzukurbeln, wurden letzte Woche zwei Gesetze verabschiedet: das „Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens“ (kurz Digital-Gesetz, oder nur DigiG) und das „Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten“ (oder auch Gesundheitsdatennutzungsgesetz, kurz GDNG). Am Donnerstag, 14. Dezember, wurden beide Gesetze im Bundestag beschlossen. Ziel sei es laut des Bundesministeriums für Gesundheit, mit digitalen Lösungen den Versorgungsalltag und die Forschungsmöglichkeiten in Deutschland zu verbessern.

DigiG: Elektronische Patientenakte (ePA) kommt für jede:n automatisch

Das Digital-Gesetz (DigiG) bringt vor allem Neuerungen für die elektronische Patientenakte (ePA), einem wesentlichen Bestandteil der TI, der Telematikinfrastruktur. Die ePA ist eine praxisübergreifende Akte, die komplett in der Kontrolle der Patienten:innen liegt, aber den Vorteil hat, wichtige Informationen und Befunde schnell weiterzugeben. Bisher war die ePA für Patient:innen immer freiwillig – weshalb die Umsetzung in den Praxen sehr schleppend voranschritt. Das wird sich zukünftig ändern.

Ab Januar 2025 wird die ePA von nun an automatisch für alle Patient:innen – von Kindern bis Senioren – eingerichtet. Aber jede:r hat die Möglichkeit, dem zu widersprechen (Opt-out). Die ePA ist also nicht verpflichtend. Wer diese nicht will, wird so wie bisher bei jede:m Ärzt:in und Therapeut:in eine praxisinterne Akte haben.

Wer aber von der ePA Gebrauch macht, kann so beispielsweise sichergehen, dass bei einem Notfall die Einsatzkräfte sofort wissen, ob man lebensgefährliche Allergien hat oder ob man wichtige Medikamente benötigt. Aus diesem Grund werden die Medikationsübersicht und das E-Rezept noch stärker als bisher geplant an die ePA gekoppelt sein. „In enger Verknüpfung mit dem E-Rezept können so ungewollte Wechselwirkungen von Arzneimitteln besser erkannt und vermieden werden“, erklärt das Bundesgesundheitsministerium.

Das Managen der ePA per App

Managen lässt sich die ePA per App. Anders als beim E-Rezept gibt es aber nicht eine ePA-App für alle Versicherten, sondern wird von jeder Krankenkasse gesondert angeboten. Hier findest Du eine Übersicht der ePA-Apps.

Über die App ist es auch möglich, auch die ePA von Kindern oder älteren Angehörigen zu verwalten. Und wer die ePA-App nicht nutzen mag oder nicht nutzen kann? In einzelnen Apotheken soll es Terminals geben, über die man in die eigene ePA schauen kann.

Die ePA soll sich wie folgt verwalten lassen:

  Medikation Berichte, Briefe, Befunde Sonstiges
Befüllung der ePA: automatisiert durch E-Rezept-Daten Ärzt:in ist dazu verpflichtet durch Ärzt:in, auf Wunsch des:der Patient:in
Widerspruch bzw. Löschung: ja, nur vollständig ja, auch bei einzelnen Dokumenten ja, auch bei einzelnen Dokumenten
sichtbar für behandelnde Ärzt:innen: ja, aber Patient:in kann Zugriff jederzeit entziehen ja, aber Patient:in kann Zugriff jederzeit entziehen ja, aber Patient:in kann Zugriff jederzeit entziehen

Von Telemedizin bis zum Digitalbeirat: Was das DigiG noch bringt

  • Die Telemedizin, also die Behandlung per Telefon, Videochat oder dergleichen, wird erweitert. Zum einen sollen bisherige Mengenbegrenzungen aufgehoben werden. Zum anderen sollen auch Hochschulambulanzen, psychiatrische Institutsambulanzen und psychotherapeutische Sprechstunden Telemedizin anbieten dürfen. Mit der sogenannten „assistierten Telemedizin“ werden zukünftig auch Apotheken zu telemedizinischen Leistungen beraten und diese auch anbieten. Außerdem sollen die Apotheker:innen bei Fragen zur Durchführung einfacher medizinischer Routineaufgaben während einer telemedizinischen Leistung unterstützen.

  • Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) sollen tiefer in die Versorgungsprozesse integriert werden. Unter anderem sollen auch für Medizinprodukte der Risikoklasse IIb (2b) DiGA zugelassen werden. Zu Medizinprodukten dieser Risikoklasse zählen unter anderem Anästhesiegeräte, Beatmungsgeräte, Defibrillatoren oder Dialysegeräte. Denkbar wäre hier begleitend zu einer längerfristigen Behandlung oder Therapie das Erfassen von Gesundheitsdaten (Telemonitoring).

  • Bei der gematik, dem staatlichen Unternehmen hinter der Telematikinfrastruktur, wird es einen Digitalbeirat geben. Dieser besteht aus Vertretern des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) und des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sowie aus Vertretern der Medizin und Ethik. Der Digitalbeirat soll die gematik zukünftig bei Fragen zum Datenschutz, zur Datensicherheit, zur Datennutzung und zur Anwenderfreundlichkeit beraten.

Das Digital-Gesetz: Gelobt – aber auch in der Kritik

Der Bundesgesundheitsminister war bei seiner Rede zur Verabschiedung des Digital-Gesetzes optimistisch. Lauterbach sprach vom Einläuten des „digitalen Zeitalters“ für das deutsche Gesundheitswesen und von einer „Aufholjagd“. Aber nicht alle sehen die Neuerungen grundweg positiv.

Beispielsweise kritisiert Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV-Spitzenverband), dass die Einführung des ePA zum 1. Januar 2025 zu kurzfristig sei. „Die kurze Frist ist zwar ein richtiges Signal an die Industrie, so schnell wie möglich gut ausgereifte Produkte an den Start zu bringen. Aber damit die Versicherten genug Zeit für eine informierte Entscheidung für oder gegen die ePA und die Krankenkassen zur Vorbereitung der opt-out-Lösung haben, sollte die ePA für alle im Juli 2025 starten“, findet Pfeiffer.

Darüberhinaus befürchtet der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Stephan Hofmeister, dass die Aufklärungarbeit zur ePA am Ende wieder Aufgabe der eh schon überlasteten Hausärzt:innen sein wird. Auch gefallen der KBV die Hürden nicht, die den Ärzt:innen zur ePA in den Weg gelegt werden: „Die Praxen werden unter Sanktionsandrohungen in die Pflicht genommen, auch was die Befüllung der elektronischen Patientenakte (ePA) angeht“, urteilt Hotmeister, „das wird für alles andere als Begeisterungsstürme in den Praxen sorgen.“

Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) lobte das Voranschreiten der Telemedizin. „Wir hätten uns darüber hinaus an weiteren Stellen digitale Formate gewünscht“, kritisiert Elsner. „So wäre die Einführung weiterer elektronischer Austauschverfahren sinnvoll, etwa bei der Beantragung ambulanter Psychotherapien, der Zulassung von Heilmittelerbringern und Pflegeeinrichtungen oder bei der Beratung von Widerspruchsverfahren. Hier gibt es also noch Luft nach oben.“

 

Nächstes Mal im DMRZ.de-Blog stellen wir das zweite Digitalgesetz vor, das im Dezember verabschiedet wurde: das „Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten“ (Gesundheitsdatennutzungsgesetz oder auch GDNG).

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