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Im letzten Teil unseres großen DMRZ.de-Interviews haben wir uns mit Markus Gossmann, Vorsitzender der Fachvereinigung Personennahverkehr Nordrhein Taxi-Mietwagen (FPN) und Vizepräsident des Taxi- und Mietwagenverbands Deutschland, über die Auswirkung der Corona-Pandemie unterhalten. Im vierten und letzten Teil unseres großen DMRZ.de-Interviews geht es um das Personenbeförderungsgesetz (PBefG). Zeit, eine Bilanz zu ziehen!
Herr Gossmann, seit Sommer 2021 gilt nun das neue Personenbeförderungsgesetz. Wie ist Ihre Bilanz zum PBefG?
Markus Gossmann: Das Personenbeförderungsgesetz ist reformiert worden. Es ist somit auch nicht in Stein gemeißelt. Vielmehr lebt es davon, dass es ständig weiterentwickelt wird. Die Mobilitätsdatenverordnung ist darüber hinaus ein guter Weg, um das Gewerbe transparenter zu gestalten. Aber für meinen Begriff ist vieles im Rahmen des Personenbeförderungsgesetzes noch unklar. Hier ist die konkrete Umsetzung des Gesetzestextes entscheidend. Welche Auswirkungen die Neuerungen auf unsere Branche haben wird, bleibt zum Teil noch abzuwarten. Die praktische Umsetzung ist entscheidend.
Niemand wird beim PBefG von einem großen Wurf sprechen. Aber es ist um Lichtjahre besser als das, was es zuvor gab. Hier konnten endlich die Verbände des Gewerbes in einem gewissen Maße mitarbeiten. Gut ist, dass Uber trotz massiver Lobbyarbeit nicht hat das durchsetzen können, was sich das Unternehmen gewünscht hat. Jetzt erwarten wir, dass Länder und Regionen das auch anwenden, was das Personenbeförderungsgesetz ermöglicht – nämlich mit fairen Mindesttarifen bei Mietwagen Uber und Co. die rote Karte zeigen.
Ansonsten muss man einfach abwarten, wie sich das PBefG in den nächsten Jahren noch entwickeln wird. Dies ist eine elementare Aufgabe unseres Bundesverbandes, der eine Interessenvertretung für alle Taxen, egal ob Zentralen oder aber auf dem Land, sowie mittelständischen, systemrelevanten Mietwagen ist. Relevant für unser System ist, wie wir Mobilität denken und auch bisher ausüben. Weil Mietwagen unter anderem im Rahmen der Krankenfahrten eine zentrale soziale Aufgabe wahrnehmen – ganz anders als Uber und Co.
Die Überarbeitung des Gesetzes war weder ein toller Wurf, noch ist sie extrem schlecht verlaufen ist. Wir stehen innerhalb des Bundesverbandes TMV (Taxi- und Mietwagenverband Deutschland e.V.) im regen Austausch mit dem Ministerium und den Abgeordneten, damit ständig praktische und praxisorientierte Rückmeldungen gegeben werden können.
Die Ortskundeprüfung wurde durch das PBefG ja abgeschafft und durch die sogenannte „kleine Fachkundeprüfung“ ersetzt. Wie ist Ihre Meinung hierzu?
Markus Gossmann: Dass die Ortskundeprüfung abgeschafft worden ist, hat für uns den Vorteil, dass wir mehr Menschen dazu bringen können, den Taxischein zu machen. Denn diese Ortskundeprüfung war für viele oft ein Hemmnis. Aber bei der neuen kleinen Fachkundeprüfung weiß aktuell noch niemand so richtig, wie sie eigentlich aussehen soll. Es gibt Arbeitsgruppen, die innerhalb des Bundesverbandes mit der Politik zusammenarbeiten – aber wegen Corona und Co. wurde hier vieles viel zu lang und zu oft verschoben. Jetzt zeichnet sich ab, dass das Ministerium endlich die Vorschläge des TMV umsetzt und damit es wirklich zu einer „kleinen Fachkunde“ als Mindestmaß für alle kommt.
Was gilt es zu tun, um innovative Ideen des Taxi- und Mietwagengewerbes in neuen Mobilitätskonzepten einzubringen und zu berücksichtigen?
Markus Gossmann: Wenn Sie mit „innovativ“ das Pooling meinen, das gibt es im Taxigewerbe schon seit ewigen Zeiten. Bei uns heißt dies seit Jahrzehnten Taxibus oder aber Anrufsammeltaxi. Hier ist ein bereits etabliertes System den Kunden als absolute Neuerung verkauft worden. Uber hat das Pooling auch nicht erfunden, zumindest nicht in Deutschland. Im Gewerbe ist dies der Taxibus, der den ÖPNV im regulären Bus- und Bahnverkehr unterstützt. Statt mit dem Bus ist man hier in normalen Taxen oder Mietwagen, oft als Kleinbus unterwegs, die einen von Haltestelle zu Haltestelle fahren. Eine weitere Variante ist das Anrufsammeltaxi, das ähnlich funktioniert. Ziel ist es, die großen teuren Gefäße bei geringer Auslastung durch kostengünstigere Fahrzeuge, die bereits im täglichen Einsatz sind, zu ersetzen. Eigentlich eine Win-Win-Situation für beide. Wenn es richtig umgesetzt wird.
Wenn es um aber z. B. um VW bzw. Moia geht, habe ich so meine Zweifel. Man hört immer, wie großartig und erfolgreich das Pooling ist, aber eine Pooling-Quote wurde bisher noch nie von einem Mitbewerber veröffentlicht. Hierzu bekommt man, laut meines Kenntnisstands, keine Informationen. Auch im städtischen Bereich fehlen mir die nachvollziehbaren und verifizierbaren Daten, um entscheiden zu können, ob diese Dienste wirklich einen positiven Effekt haben oder aber nur noch mehr die Straßen verstopfen und für mehr Verkehr sorgen. Bis hier konkrete Zahlen veröffentlicht werden, welche wie bei uns im Taxigewerbe detailliert nachvollziehbar sind, wage ich die These, dass hier nur Geld verbrannt wird oder aber öffentliche Töpfe geplündert werden.
Wir werden grundsätzlichen innovativen Ideen und neuen Mobilitätskonzepten offen gegenüberstehen. Da wir aber immer gewinnorientiert denken müssen, haben wir eine andere Sicht auf die Dinge. Wir nehmen neue Konzepte und Ideen gerne auf, diese müssen aber finanzierbar und nachhaltig sein, ein Mehrwert muss ganz klar für die Kund:innen und auch die Unternehmer:innen erkennbar sein.
Wo wird die Taxi- und Mietwagenbranche in einem modernen öffentlichen Personennahverkehr ihren Platz finden?
Markus Gossmann: Wir sind und waren immer schon Teil des ÖPNV. Quasi die letzte Meile des ÖPNV oder die schnellere, aber auch teurere Variante zu Bus und Bahn. Wir sind eigentlich immer zur Stelle, wenn man uns braucht. Wir können zwar auch nicht jeden Wunsch realisieren und haben durch Corona sehr gelitten und auch Personal verloren. Ich würde behaupten, dass wir bereits unseren Platz im ÖPNV haben.
Weiterhin möchte ich erwähnen, dass wir währen Corona – im Gegensatz zu z. B. Moia – den Betrieb aufrechterhalten haben und nicht einfach geschlossen haben. Dass wir hier auch eine Verantwortung gegenüber unseren Kund:innen haben, gehört zu unserer DNA. Sicher läuft nicht immer alles optimal, aber wir sind uns unserer Verantwortung bewusst.
Somit würde ich behaupten, dass wir unseren Platz in einem modernen öffentlichen Personennahverkehr auch gut ausfüllen, im Gegensatz zu unseren Mitbewerbern. Wir verkaufen unsere Arbeit oder auch Dienstleistung nach außen aber leider nicht immer so gut wie wir eigentlich könnten. Hier herrscht definitiv Nachholbedarf. Natürlich müssen auch wir mit der Zeit gehen und zum Beispiel allesamt Kreditkartenabrechnung anbieten. Zumindest sind viele Unternehmen hier schon lange vorn mit dabei, auch im ländlichen Bereich. Und in der Politik muss die Überzeugung verstärkt werden, dass Mobilitätsgerechtigkeit im Allgemeinen wie auch im ländlichen Raum nur mit Taxen sichergestellt werden kann. Dies alles hat jedoch seinen Preis. Entweder muss man hier den Unternehmen faire und vor allem auskömmliche Tarife zugestehen, oder aber die Unternehmen transparent unterstützen. In einem digitalen Gewerbe, welches wir sind, wäre dies durchaus zu realisieren, wenn man nur will.
Aber haben Sie keine Angst, dass sich dieser feste Platz aufgrund der Neuerungen durch das PBefG verschiebt?
Markus Gossmann: Ich habe die Befürchtung, dass durch die Lobbyarbeit von Konzernen wie Uber, VW oder Moia der Politik Lösungen suggeriert werden, die keine Lösungen sind. Da werden Millionen in Lobbyarbeit gesteckt – für Verkehre, die aber letzten Endes nicht selbst tragfähig sind. Da werden Gelder von Investoren verbrannt. Und die Innenstädte werden mit noch mehr Fahrzeugen verstopft. Ich sehe bei diesen neuen Konzepten zum Teil keinen Mehrwert.
Und noch ein letzter Satz: Uber & Co versuchen über Brüssel alle Maßnahmen durchzusetzen, die sie in Deutschland nicht durchbekommen. Hier werden wir als Taxi- und Mietwagenverband noch viel stärker die Interessen des Mittelstandes in die Waagschale werfen.
Vielen Dank für Ihre Stellungnahme.