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Seit Jahren wird in Deutschland die Debatte geführt, wie der Einstieg in ein Gesundheitsfachberuf aussehen soll: Über eine klassische Ausbildung oder über ein Studium? Beispielsweise gibt es seit dem Pflegeberufegesetz 2020 ein neues Modell für die Ausbildung von Pflege – nämlich sowohl an der Berufsschule als auch an der Hochschule. Und im Bereich der Therapieberufe wird stark debattiert, ob ebenfalls eine Teilakademisierung oder doch lieber eine Vollakademisierung angestrebt werden soll. Heißt: Nahezu alle, die in der Logopädie, Physiotherapie oder Ergotherapie arbeiten, müssten im diesem Fall ein Studium absolvieren.
Der Frage nach der Akademisierung ist auch der Wissenschaftsrat, der die Politik zu Themen der Forschung und Hochschulen berät, bereits 2012 nachgegangen. Damals hat der Wissenschaftsrat empfohlen, dass für eine perfekte Versorgung 10 bis 20 Prozent der Arbeitenden in Pflege- und Therapieberufen auf hochschulischem Niveau ausgebildet sein sollten. Doch das ist nun über zehn Jahre her. Sieht der Wissenschaftsrat das heute immer noch so? Um Klarheit zu erlangen, hat der Wissenschaftsrat die HQGplus-Studie gestartet, deren Ergebnisse im letzten Jahr vorgestellt wurden.
Das Ziel der HQGplus-Studie
Durchgeführt wurde die HQGplus-Studie 2020, als Untersuchungszeitraum wurde vom Wissenschaftsrat 2017 bis 2019 angesetzt. Es geht um die hochschulischen Qualifizierungswege für Pflegeberufe, Therapieberufe und Hebammen mit Verantwortlichkeiten und unmittelbaren Tätigkeiten an den Patient:innen. Die Studie enthält zudem einen Fragekomplex zu weiteren, im Rahmen der Empfehlungen aus dem Jahr 2012 nicht berücksichtigten Gesundheitsfachberufen – wie z. B. Diätassistent:innen, Medizinisch-technischen Assistent:innen verschiedener Ausrichtungen oder Podolog:innen.
Die HQGplus-Studie setzt sich sowohl auch einer Hochschulbefragung als auch aus einer Befragung von Einrichtungen wie Krankenhäusern oder Rehakliniken zusammen. Ergänzend wurden auch qualitativ ausgerichtete Befragungen durchgeführt: In Experteninterviews wurden die Treiber und Barrieren der wissenschaftlichen Disziplinbildung und -entwicklung sowie die Bedingungen für die Einführung von primärqualifizierenden Studiengängen untersucht. Es wurden auch Interviews mit Vertretern von Versorgungseinrichtungen durchgeführt, um wichtige Aspekte für den Einsatz von hochschulisch qualifizierten Gesundheitsfachkräften zu beleuchten.
Ziel dieser Studie war es, den Umsetzungsstatus der hochschulischen Qualifizierung der Gesundheitsfachberufe zu verfolgen und zu erheben.
Wie sich das Studiumsangebot in der Pflege, in den Therapieberufen und in den Hebammenwissenschaften entwickelt hat
Zunächst wurde in der Studie ein Blick auf die hochschulische Ausbildung selbst geworfen. Immerhin beteiligten sich an der Befragung 78 Hochschulen, was einer Ausschöpfungsquote von 87,6 Prozent entspricht. Die meisten antwortenden Hochschulen in der Studie waren Fachhochschulen (FH) oder Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW).
Welche Studiengänge – Bachelor wie Master – die Studie erfasste, zeigt die folgende Tabelle (basierend auf Daten der Studie).
Anzahl erfasster Studiengänge (insgesamt) | 180 | in % |
---|---|---|
Anzahl Studiengänge mit Zuordnung Pflegewissenschaft | 75 | 41,7 |
Anzahl Studiengänge mit Zuordnung Physiotherapie | 40 | 22,3 |
Anzahl Studiengänge mit Zuordnung Hebammenwissenschaft | 18 | 10,0 |
Anzahl Studiengänge mit Zuordnung Logopädie/Sprachtherapie | 15 | 8,3 |
Anzahl Studiengänge mit Zuordnung Ergotherapie | 9 | 5,0 |
Anzahl Studiengänge mit Zuordnung Kombinationsstudiengänge | 14 | 7,8 |
Anzahl Studiengänge mit Zuordnung Therapiewissenschaften | 8 | 4,4 |
Anzahl Studiengänge mit fehlender Angabe zu Fachgebiet | 1 | 0,6 |
„Eine Entwicklung des Angebots an Bachelorstudiengängen mit patienten- bzw. klientennahem Qualifikationsziel ist seit den Empfehlungen des Wissenschaftsrats von 2012 deutlich erkennbar, stärker an Fachhochschulen/Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) als an Universitäten“, wird im Bericht zur Studie zusammengefasst.
Vor allem rangieren die primärqualifizierenden Bachelorstudiengängen über alle Fachgebiete hinweg nach ausbildungsintegrierenden und additiven Bachelorstudiengängen. Wie die folgende Grafik zeigt, gibt es die meisten Studiengänge überdies in der Pflegewissenschaft. Hier sind auch die meisten Studienanfänge zu verzeichnen.
Doch was auffällt: Obwohl die hochschulische Ausbildung in der Pflege einen so hohen Zulauf hat, ist die Akademisierungsquote in der Pflege extrem gering.
Eine Akademisierungsquote von 10 bis 20 Prozent: Ziel erreicht?
Unter der Akademisierungsquote versteht man das Verhältnis der Studienanfänger:innen zu den Berufsschüler:innen im selben Beruf. Wie oben schon erwähnt, empfahl der Wissenschaftsrat 2012 für die Gesundheitsberufe eine Akademisierungsquote von 10 bis 20 Prozent. Die Erkenntnis der HQGplus-Studie heute: „Diese Akademisierungsquote wird mit Ausnahme der Hebammenwissenschaft, die im betrachteten Dreijahreszeitraum stetig ansteigt, nicht erreicht.“ Bei den Hebammenwissenschaft beträgt die Akademisierungsquote 15,7 Prozent – und liegt somit im 2012 angestrebten Soll.
Und in den anderen Branchen? „In der Physiotherapie hält sich die Akademisierungsquote beständig bei 6,1 %, während in der Logopädie/Sprachtherapie eine rückläufige Entwicklung von 4,4 % (2017) auf 3,1 % (2019) zu beobachten ist (ausschließlich mit Blick auf primärqualifizierende Studiengänge). Die Akademisierungsquote in der Ergotherapie wird geringer und entspricht 1,6 % im Jahr 2019. Schlusslicht ist die Pflege, für die eine Akademisierungsquote von 0,43 % angegeben werden kann.“ Trotz der neuen hochschulischen Pflegeausbildung sowie weiteren vergleichbaren Studiumsangeboten ist die Pflege also nach wie vor ein Ausbildungsberuf.
Was überdies noch auffiel: Im Vergleich zu den Bachelorstudiengängen gibt es derzeit nur wenige Masterstudiengänge. Nur 20 Masterstudiengänge gibt es, die auf patienten- und klientennahe Tätigkeiten ausgerichtet sind. Im Vergleich zu Bachelorstudiengängen ist das eine geringe Anzahl. Die Absolventenzahlen sind dementsprechend niedrig und betrugen im Jahr 2019 nur 32 in der Pflegewissenschaft, 24 in den Therapiewissenschaften, 11 in Logopädie/Sprachtherapie und 10 in Hebammenwissenschaft. Für die Ergotherapie gab es zu diesem Zeitpunkt überhaupt kein Masterstudienangebot mit dem Ziel einer patientennahen Qualifikation.
Weiter geht’s: In unserem nächsten Blogartikel gehen wir auf den Teil der HQGplus-Studie ein, der die Berufspraxis der Absolvent:innen behandelt. Verdienen besser qualifizierte Pfleger:innen oder Therapeut:innen grundsätzlich besser? Mehr dazu demnächst im DMRZ.de-Blog.