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Düsseldorf, den 10. Februar 2020. Die Pflege ist auch 2020 wieder eines der zentralen Themen. Das MDK-Reformgesetz beispielsweise ist im Januar in Kraft getreten. Da hat es mächtig Kritik gegeben. Nur eines von vielen Themen, über die wir mit Silvia Grauvogl und Patricia Drube vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) im großen DMRZ.de-Interview gesprochen haben.
Seit dem 1. Oktober 2019 gibt es ein neues Qualitäts- und Prüfsystem für die stationäre Pflege. Was versprechen Sie sich davon?
Patricia Drube: Wir haben immer eingefordert, dass Qualität aus der Profession Pflege heraus definiert werden muss. Und dass wir für eine Weiterentwicklung der Qualität pflegewissenschaftlich fundierte Qualitätsindikatoren benötigen dbfktt Stichprobenprüfungen auf der Grundlage von fachlich fragwürdigen Prüfkatalogen. Diese Forderung erfüllt das neue Prüfsystem nur in Ansätzen.
Silvia Grauvogl: Die Pflegeversicherung hat Pflege rationiert. Dieser Mangel an notwendigen Pflegeleistungen kann nicht durch Qualitätsprüfungen behoben werden. Ob dabei Noten vergeben oder Indikatoren erfasst werden, ändert an der Mangelverwaltung nichts. Es wird, solange das Leistungsrecht der Pflegeversicherung ist wie es ist, immer zu wenig Pflege bei den Bewohnern ankommen. Wie vorher auch, werden die Heime auch hier alles tun müssen, um die geforderten Kriterien zu erfüllen. Pflege ist in erster Linie ein Beziehungsprozess, dessen Qualität nicht mit quantitativen Methoden überprüft werden kann.
Patricia Drube: Grundsätzlich ist es für die Weiterentwicklung der Profession Pflege gut, dass wir eigene Qualitätsindikatoren haben und dass es in der stationären Altenpflege in Zukunft zum Berufsalltag gehören wird, damit zu arbeiten. Wir sind uns aber auch bewusst, dass dies in Zeiten des Fachkräftemangels eine zusätzliche Belastung für die Pflegenden ist, die schnell zur Überforderung führen kann. Außerdem ist die Erhebung der Qualitätsindikatoren nur ein Teil des Prüfsystems. Wir befürchten, dass durch die darüber hinausgehenden Prüfkataloge weiterhin Verrichtungsorientierung und Absicherungsdokumentation gefördert wird.
Was ebenfalls stark polarisiert, ist das MDK-Reformgesetz. Dieses wurde im Mai 2019 von Jens Spahn vorgestellt und trat am 1. Januar 2020 in Kraft. Was ist hier zu erwarten?
Silvia Grauvogl: Das Wichtigste ist wohl, dass der MDK als unabhängige Körperschaft des öffentlichen Rechts organisatorisch von den Krankenkassen gelöst werden soll. Ob das was nützt, ist fraglich, denn die Krankenkassen sind weiter in der Mehrzahl im Beirat vertreten. Das Problem jetzt ist, dass der MDK in den Abrechnungsprüfungen der Krankenhäuser die DRG-Eingruppierungen in vielen Fällen nicht anerkennt, den Klinken daher eine Menge Geld fehlt und die Widerspruchsverfahren und juristischen Streitigkeiten viele Ressourcen binden.
Und wie geht der DBfK nun mit dem MDK-Reformgesetz um?
Silvia Grauvogl: Wir sehen die Reform kritisch, insbesondere, da von den 23 Mitgliedern des Verwaltungsrates 16 von den Verwaltungsräten oder Vertreterversammlungen der Landesverbände der Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen, der landwirtschaftlichen Krankenkasse, der Ersatzkassen und der BAHN-BKK gewählt werden. Da nur fünf Sitze für die Vertretung der Selbsthilfeverbände und zwei Sitze für die Vertretung der Pflegeberufe zur Verfügung stehen, befürchten wir, das der MDK wie bisher auch, überwiegend Kasseninteressen vertritt.
Werfen wir einen Blick in die Zukunft: Der Pflege Ko-Pilot soll die bisherigen Kontrollbesuche bei pflegenden Angehörigen ersetzen. Wie nimmt die Pflegebranche dieses Konzept auf?
Silvia Grauvogl: Die Pflichteneinsätze nach § 37 Abs. 3 SGB XI haben die Pflegepersonen oft als notwendiges Übel für den Erhalt des Pflegegeldes billigend in Kauf genommen – auch wenn die Pflegedienste ihr Bestes getan haben. Der Bedarf an aufsuchenden Gesprächs- und Beratungsangeboten auf freiwilliger Basis oder automatisch (ohne Anbindung an eine Leistung und ohne dass die Angst bestehen muss, dass Leistungen gekürzt werden) wäre meines Erachtens hilfreich und sinnvoll.
Patricia Drube: Wir haben derzeit einfach zu viele unterschiedliche gesetzliche Ansätze für die Begleitung pflegender Angehöriger. Da gibt es die von der AOK protegierte „Familiale Pflege“, die Leistungen nach § 45 SGB XI, insbesondere Überleitungspflege und individuelle häusliche Schulungen. Dann noch die Beratungsbesuche nach § 37 Abs. 3 SGB XI. Das müsste gebündelt und verlässlich strukturiert werden. Wenn man all diejenigen, die als Vertragspartner der Kassen nach § 45 SGB XI unterwegs sind, zu Ko-Piloten erklären würde und auch die Aufteilung der Versorgungserfordernisse zwischen diesen Playern koordinieren würde, könnte das für die Zukunft ein gutes, tragfähiges Konzept sein. Es müsste aber von allen Kassen getragen werden.
Silvia Grauvogl: Und es wären auch gute Arbeitsplätze für erfahrene Berufsangehörige, die den körperlichen Belastungen nicht mehr gewachsen sind. Bisher sind diese Angebote immer an den Finanzen gescheitert. Da nicht mehr Geld im System ist, wird sich daran wohl kaum etwas ändern.
Vielen Dank für das Gespräch.
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