Die Fachkundeprüfung  im Taxi- und Mietwagengewerbe
Krankentransport

Verspätet und umstritten: Die kleine Fachkundeprüfung für Taxifahrer:innen

Die Fachkundeprüfung soll im Taxi- und Mietwagengewerbe die 2021 abgeschaffte Ortskundeprüfung ersetzen. Doch die Diskussionen halten an.

Bereits 2021 wurde die Fachkundeprüfung (auch „Kleine Fachkunde“ genannt) als Nachfolger der Ortskundeprüfung für Taxifahrer:innen ins Personenbeförderungsgesetz (PBefG) aufgenommen. Dadurch soll die Personenbeförderung in Mietwagen und dem gebündelten Bedarfsverkehr – zu denen u. a. Carsharing-Dienstleister wie Uber oder Lime gehören – dem Taxigewerbe qualitativ gleich gestellt werden. Doch weil sie noch immer auf ihre Umsetzung wartet, wird sie weiter heftig diskutiert.

Der TMV ändert seine Position zur Kleinen Fachkunde

Bis 2021 unterschied man zwischen dem kleinen und dem großen Personenbeförderungsschein (auch „P-Schein“). Um Taxifahrer:in zu werden, war der große P-Schein nötig, der kleine P-Schein qualifizierte als Mietwagen- oder Krankenwagenfahrer:in. Wesentliche Unterschiede waren Umfang und Anforderungen der Ortskundeprüfung. Jedoch zielte sie nur auf das Vermitteln von geographischen Kenntnissen des Einsatzortes von Taxifahrer:innen ab. Abgeschafft wurde sie, weil sie mit dem Einsatz von Navigationsgeräten, die seitdem in Taxen Pflicht sind, nicht mehr als notwendig angesehen wurde.

Grund war aber auch, dass dadurch eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten von Bedarfsverkehr-Anbietern stattfände, wie etwa der Bundesverband Taxi und Mietwagen (BVTM) argumentierte. Etwa, weil sie niedrige Angebotspreise von Carpooling-Anbietern befördere. (Wie ein Branchenvertreter auf die Kleine Fachkunde blickt, erfährst Du in einem Interview auf DMRZ.de.)

Eigentlich sollte dem unfairen Wettbewerb mit der Gleichstellung von Taxi- und Mietwagengewerbe zu Dienstleistern wie Lime oder Uber ein Riegel vorgeschoben werden. Ursprünglich begrüßte der Taxi- und Mietwagenverband (TMV) die Kleine Fachkunde, ähnlich wie der BVTM. Doch inzwischen hat der TMV die Hoffnung aufgegeben. Mitte Januar wandten sich seine Vorsitzenden Thomas Kroker und Patrick Meinhardt in einem offenen Brief an Bundesverkehrsminister Volker Wissing.

Der Verband habe bereits 2021 Vorschläge zur Umsetzung der Kleinen Fachkunde gemacht, weshalb es „umso ernüchternder“ sei, dass „bislang nichts Greifbares passiert“ ist. Der Verband bemängelt, das Vorhaben sei „verschleppt“ worden und fordert von Wissing, es „so zügig als möglich“ zu beenden, oder es mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl zumindest ruhen zu lassen, damit die nächste Bundesregierung es beilegen könne.

Seit Abschaffung der Ortskundeprüfung gelten Übergangsregelungen in den Bundesländern

Im Sommer 2024 erklärte das Bundesverkehrsministerium, die Kleine Fachkunde solle im ersten Quartal 2025 wirksam werden. Doch auch weiterführende Gespräche blieben ergebnislos und mit den vorgezogenen Bundestagswahlen geriet sie noch mehr außer Reichweite, weshalb der TMV nun die Reißleine zog.

Weil die Kleine Fachkunde bislang keine bundesweit einheitliche Anwendung findet, gelten seit August 2021 in den Bundesländern Übergangsregelungen, die Du auf der Website des BVTM nachlesen kannst. Ausgestellt wird sie demnach für eine Übergangszeit von zumeist drei Jahren, wobei auch eine Nachprüfung erwogen wurde, sollte die Kleine Fachkunde final umgesetzt werden. In Hamburg entschied man sich gar für einen ganz eigenen Weg und eine eigene Prüfung, die von Verbandsverteter:innen abgenommen werden soll, berichtete taxi-times.com.

Taxiunternehmen schulen ihre Fahrer:innen inzwischen selbst

Für Anwärter:innen der Fahrerlaubnis zur Personenbeförderung gibt es damit keine konkrete Qualifikationshürde mehr. Ausreichend sind seitdem mitunter:

  • ein Mindestalter de:r Fahrer:in von 21 Jahren
  • der Besitz eines Führerscheins seit mindestens drei Jahren
  • die gesundheitliche Eignung
  • ein sauberes polizeiliches Führungszeugnis

Damit sind die Taxiunternehmen gezwungen, zusätzliche Kapazitäten für die Ausbildung ihrer Beschäftigten aufzuwenden, erklärt TMV-Präsident Kroker: „Wir bilden inzwischen alle selbst aus“, sagte er in einer dem offenen Brief beiliegenden Pressemitteilung Mitte Januar. Stolperstein der Einführung war aber auch der 174 Fragen schwere Prüfkatalog der Kleinen Fachkunde – der dem TMV zufolge selbst 2024 noch „vor Fehlern gestrotzt hat“. Auch ist nach wie vor offen, ob die Prüfung online oder nur in Präsenz ermöglicht wird.

Bundesverkehrsministerium ruderte bezüglich Online-Prüfung zurück

Eigentlich wollte das BMDV bis Frühjahr 2023 eine betrugssichere Online-Prüfung vorlegen. Doch im Juni 2024 erklärte das Ministerium, die Prüfung könne wegen Sicherheits- und Datenschutzbedenken nicht ermöglicht werden. Einige Branchenverbände und Initiativen reagierten entrüstet und bezeichneten die verfehlte Umsetzung einer digitalen Prüfung in einer im Sommer 2024 veröffentlichten gemeinsamen Pressemitteilung als „Offenbarungseid“ für den Digitalstandort Deutschland.

Sie setzen sich seit der Festschreibung der Kleinen Fachkunde im PBefG gegen ihre Umsetzung ein. Unter anderem, weil sie in ihr ein neues Hemmnis für den Berufszugang sehen. So mahnten sie in ihrer Pressemitteilung, die Kleine Fachkunde würde den Personalmangel im Taxigewerbe verschärfen und zu einem massiven Rückgang von Angeboten im ländlichen Raum führen, indem sie eine zusätzliche Berufshürde für Berufsanwärter:innen schaffe. Dass die Prüfung laut den 2024 bekanntgewordenen Plänen des Verkehrsministeriums außerdem nur auf Deutsch abgehalten werden soll, bedeute einen „Schlag ins Gesicht“ für ausländische Taxi- und Mietwagenfahrer:innen. Schließlich würden viele von ihnen den Beruf als Einstieg in den Arbeitsmarkt nutzen.

Taxiverbände TMV und BVTM sind sich bei der Kleinen Fachkunde uneins

In der Debatte um die Einführung der Kleinen Fachkunde geht es im Kern um Qualität und Sicherheit im Taxigewerbe, denn ihr Fragenkatalog sieht laut Vorhaben mehr Themengebiete vor als die alte Ortskundeprüfung: Einzug in die neuartige Prüfung könnten unter anderem auch folgende Aspekte erhalten:

  • Verkehrssicherheit
  • Unfallverhütungvorschriften
  • Kindersicherungspflichten
  • Überfallsicherheit

Um die Qualität im Taxigewerbe zu gewährleisten, begrüßten einzelne Taxiverbände die neue Prüfung zum Berufszugang, bevor nun etwa der TMV seine Position änderte. Im Gegensatz zum TMV steht der Bundesverband jedoch nach wie vor hinter der Kleinen Fachkunde, wie Geschäftsführer Michael Oppermann Mitte Januar erklärte. Zwar sei ihre langwierige Umsetzung „ausgesprochen bedauerlich“, doch verliere sie damit nichts an ihrer Relevanz und Richtigkeit, berichtete taxi-times.com. Aus diesem Grund werde der Bundesverband ihre Verwirklichung „weiter konstruktiv begleiten“.

Bundestagswahl könnte Umsetzung der Kleinen Fachkunde weiter verzögern

Mehrere Verbände argumentieren in ihrer gemeinsamen Pressemitteilung (siehe oben), es bestehe „schlicht keine Notwendigkeit für die Einführung einer Fachkunde“. Denn seit Abschaffung der Ortskundeprüfung sei es „zu keiner erkennbaren Verschlechterung von Service und Sicherheit“ in der Branche gekommen. Diese Meinung teilen jedoch nicht alle. So wandte das Branchenmagazin taxi-heute.de ein, dass „jeder, der regelmäßig Taxi fährt“, jenes Argument „problemlos entkräften“ könne. Und auch taxi-times.com schrieb, dass jede:r, der mit Fahrgästen spreche, eine Ahnung davon bekomme, wie der „Qualitätsabsturz“ im Taxigewerbe bei Fahrgästen ankommt.

Fraglich ist, wie es mit Blick auf die Bundestagswahl am 23. Februar mit der Kleinen Fachkunde weitergeht. Der TMV befürchtet, durch die Wahl werde auf der Frühjahrskonferenz der Verkehrsminister am 2. und 3. April keinerlei Beschluss gefasst, sodass erst bei der Herbsttagung Ende Oktober eine finale Entscheidung gefällt werden könnte. Diesem Szenario zufolge dürfte die Fachkundeprüfung dann wohl erst zum Sommer 2026 kommen, resümieren die TMV-Präsidenten Kroker und Meinhardt.

Nun weißt Du, wie es gegenwärtig um die Kleine Fachkunde steht und wie sich einzelne Verbände und Initiativen positionieren. Wir behalten die Debatte und das Gesetzgebungsverfahren um die Fachkundeprüfung weiter im Blick und informieren Dich, sobald es Neuigkeiten gibt.

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