Barrierefreies Wohnen (3) Interview, Wohnraumanpassung
Pflege

Barrierefreies Wohnen (3) Interview mit Nana Steinke zur Wohnraumanpassung

Im Interview erklärt Nana Steinke, Rechtsanwältin für Sozialrecht, worauf bei der Beantragung von wohnumfeldverbessernde Maßnahmen unbedingt geachtet werden sollte.

In unserer Blogserie rund um das Thema „Barrierefreies Wohnen“ haben wir zuletzt erklärt, wie sich wohnumfeldverbessernde Maßnahmen nach § 40 SGB XI bei der Pflegekasse beantragen lassen. Doch wir wollten es genauer wissen – und fragten die Rechtsanwältin Nana Steinke, einer Expertin für Sozialrecht, worauf man bei der Beantragung von Wohnraumanpassung achten muss.

Frau Steinke, hat man mehrere wohnumfeldverbessernde Maßnahmen nach § 40 SGB XI (z. B. einen Treppenlift und den Umbau des Badezimmers), dann ist es doch finanziell sinnvoll, die Anträge getrennt voneinander zu stellen, oder?

Nana Steinke: Für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen stehen grundsätzlich erst einmal 4.000 Euro pro Person zur Verfügung. Wie man diese 4.000 Euro verbraucht, kann man frei entscheiden. Es macht finanziell also keinen Unterschied, ob ein oder mehrere Anträge gestellt werden.

Interessant wird das Ganze erst dann, wenn sich der Pflegebedarf ändert. Das muss nicht zwingend erst mit der Erhöhung des Pflegegrades sein. Es kann sich auch einfach die Art der benötigten Pflege ändern. Wer vorher nur im Bad Hilfe benötigte, also 4.000 Euro für den Badumbau bereits verbraucht hat und z. B. nach einem plötzlichen Schlaganfall oder Sturz einen Treppenlift benötigt, hat Anspruch auf neue 4.000 Euro. Der Betrag von 4.000 Euro ist also nicht einmalig im Leben abrufbar, sondern immer von Neuem, wenn sich gravierende Änderungen einstellen, die bei Erstumbau noch nicht vorlagen.

Werden nach und nach mehrere Maßnahmen beantragt, wie entscheidet dann die Pflegekasse was im Rahmen ist und was ggf. Missbrauch ist?

Nana Steinke: Da gibt es feste Vorgaben. Die beantragten Maßnahmen müssen die Pflege ermöglichen, die Pflege der zu pflegenden Person erheblich vereinfachen oder eine möglichst selbständige Lebensführung des:der Pflegebedürftigen wiederherstellen. Aber auch Gefahrenvermeidung kann ein guter Grund sein. Gerade Pflegediensten und pflegenden Angehörigen soll es nicht zugemutet werden, in alten und verbauten Badezimmern auf feuchten und rutschigen Fliesen in den letzten Winkel zu klettern, um irgendwie die Oma aus der Badewanne zu heben. Daher sind die Anforderungen recht gering. Ein Ablehnungsgrund liegt nur dann vor, wenn die Pflege problemlos möglich ist und jemand einfach gern einen Zuschuss für einen schicken Umbau möchte.

Insofern ist es doch möglich, größere und mehrgliedrigere Umbauvorhaben, die in Summe 4.000 Euro überragen, in zwei Anträge zu splitten und diese mit ein paar Wochen Abstand zu stellen. Oder nicht?

Nana Steinke: Die 4.000 Euro stehen zur Verfügung. Ob diese in einer Summe abgerufen werden oder die Summe auf mehrere Umbauprojekte und damit auf mehrere Anträge verteilt wird, macht keinen Unterschied. Es ist auch kein Problem, wenn ein großes Projekt betrieben wird, für das die Summe von 4.000 Euro nicht ganz ausreicht. Dann sind die 4.000 Euro eine Unterstützung, den Rest muss der Betroffene dann selbst bezahlen. Erst, wenn sich der Pflegebedarf wesentlich ändert, können „neue“ 4.000 Euro beansprucht werden.

Aber beachten Sie: Auf eine Verschlechterung des Zustandes zu warten und dann eine weitere Maßnahme zu beantragen, kann aber möglicherweise zur Ablehnung führen. Betrachtet wird immer der Ist-Zustand bei Antragstellung. Bei einer neuen Antragstellung ist die Veränderung des Zustandes im Vergleich zum Erstantrag zu betrachtet.

Ein Beispiel: Beim Erstantrag wird ausschließlich ein Badumbau vorgesehen, aber eigentlich wird auch schon ein Treppenlift benötigt. Ändert sich später der Pflegebedarf, kann dann kein Treppenlift mehr beantragt werden. Denn der ist bei der neuen Verschlechterung nicht nötig geworden – sondern wurde schon zum Zeitpunkt des Erstantrags benötigt.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview mit Nana Steinke geht weiter! Nächstes Mal sprechen wir mit der Rechtsanwältin über das Einlegen eines Widerspruchs, sollte ein Antrag auf wohnumfeldverbessernde Maßnahmen abgeleht werden.

 

Allgemeiner Hinweis: Unsere Ratgebertexte dienen lediglich zur Information und bieten einen Überblick über das Thema. Sie stellen keine Rechtsberatung dar. Für konkrete Hilfestellung wendest Du Dich bitte an eine:n Rechtsanwält:in für Sozialrecht.

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